Weihnachtsworte
(…) und die Klarheit leuchtete um sie; und sie fürchteten sie sehr.
Lukas 2,9
Wenn ich am Heiligen Abend die lukanische Weihnachtsgeschichte höre, die mir so vertraut und lieb ist, so hallt in mir besonders dieser Satz nach und begleitet mich. Es sind die Hirten auf den Feldern vor Betlehem, die von der Klarheit des HERRN umgeben und umleuchtet werden. Und tatsächlich scheint den Hirten das Erlebte und Gehörte so klar und verständlich zu sein, dass sie ohne Näheres zu erfragen, ohne einen Beweis zu fordern, ohne einen Zweifel in sich aufkeimen zu lassen, aufbrechen. Sie blicken nicht zurück, sie wenden sich dem Wunder zu und finden das Kind.
Inmitten meiner Gedanken taucht das Gefühl des Neids in mir auf. Neidisch bin ich auf eine Zeitspanne, einen Moment, den die Hirten erlebten. Auch ich wäre gerne von der „Klarheit des HERRN“ umleuchtet. Stünde gerne unter einem offenen Himmel ohne meine offenen Fragen. Worte Gottes, die auf mich herabregnen und mich die Fülle des Lebens schmecken lassen, ohne dass ich sie zu bezwingen suche oder überhöre.
Aber der Himmel stand nie in dieser Weise offen über mir wie den Hirten von Betlehem. Oft ist mir als befände ich mich in einem Labyrinth und nicht nur meine Gedanken sind wirr und abwegig. Wie gehe ich mit Herausforderungen um, die viele Kräfte binden? Wie bewältige ich das Schwere, das in mein Leben einfällt? Klarheit zu gewinnen ist für mich oft ein mühsamer Prozess.
Und doch kenne ich auch die Gewissheit, dass der Weg, den ich eingeschlagen habe, mich zum Ziel führen wird. Dann erscheint alles so klar vor mir, als sei es ein Abglanz jenes Lichts, das die Hirten sahen.
Wie erleichternd ist es, wenn sich ein „Fürchte dich nicht!“ zu mir gesellt, eine Verheißung oder gar eine Vision. Der Weg mag dann immer noch dunkel erscheinen. Aber Klarheit, Verheißung und Engelswort sind genug, um ihn unter die Füße zu nehmen und loszugehen ins Unbekannte, ins Leben.
Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest.
Möge Gott Sie mit seinem lichten Glanz umgeben und Sie segnen.
Auf ein baldiges Wiedersehen freue ich mich sehr und grüße Sie herzlich
Ihre Pfarrerin Lydia Grund-Kolbinger